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Musik macht doch schlau

17. März 2015

Wiederbelebung des Mozart-Effekts

Von Aljoscha Ilg

Klassische Musik umweht die Aura von Gelehrtheit und Begabung. Eltern nutzen sie, um den Nachwuchs zu fördern. Doch ob Mozart wirklich schlau macht, ist seit langem umstritten. Eine Studie aus Finnland verleiht der Debatte neuen Aufwind.

Ein Forscherteam um Irma Järvelä, Dozentin für medizinische Genetik an der Universität in Helsinki, hat die Wirkung von klassischer Musik auf das Gehirn untersucht. Ihre in der Open-Access-Zeitschrift PeerJ veröffentlichten Ergebnisse zeigen erstmals, dass Musikhören die Expression gewisser Gene (siehe Infokasten) erhöht, anderer hingegen senkt. Dadurch könnten kognitive Fähigkeiten, wie Lernen und Erinnern, gesteigert werden.

Zahllose Kinder werden bereits im Mutterleib mit klassischer Musik beschallt. Der Grund hierfür liegt meist nicht in der Musikbegeisterung der Eltern. Vielmehr ist es ein Versuch, den grauen Zellen des Nachwuchses auf die Sprünge zu helfen. Seit 1993 macht der Begriff vom Mozart-Effekt die Runde. Dieser geht auf eine Forschungsarbeit der University of California, Irvine zurück, deren Ergebnissen zufolge eine IQ-Steigerung durch klassische Musik möglich ist. Spätere Studien konnten einen derartigen Zusammenhang nicht belegen. Doch die Idee vom Intelligenzdoping per Tonträger hält sich hartnäckig.

Obwohl der These der intelligenzfördernden Wirkung von Musik große Aufmerksamkeit zukam, wurden die biologischen Faktoren kaum untersucht. Zwar gilt es als erwiesen, dass Musikhören Gehirnstrukturen und ihre Funktionen beeinflussen kann. Doch die zugrundeliegenden molekularen Mechanismen blieben bislang im Dunklen. Dank neuer Entwicklungen im Bereich der medizinischen Genetik konnten Forscher die Wissenslücke nun schließen.

Gemeinsamkeit von Singvogel und Mensch

Mit der aktuellen Studie aus Helsinki erhält der Mozart-Effekt neue Rückendeckung. Im Rahmen der Untersuchung lauschten die Probanden 20 Minuten lang Mozarts Violinkonzert Nr. 3 in G-Dur (KV 216). Die gewonnenen Daten belegen, dass Musikhören die Aktivität von Genen erhöht, die mit der Ausschüttung und dem Transport von Dopamin, dem sogenannten Glückshormon, im Zusammenhang stehen. Die betroffenen Gene beeinflussen auch die synaptische Übertragung, sowie Lern- und Gedächtnisfähigkeiten.

Eines der am stärksten hochregulierten Gene beim Hören klassischer Musik ist das α-Synuclein (SNCA). Dieses Gen trägt auch bei Singvögeln dazu bei, dass sich diese Melodien leichter merken und wiedergeben können. Dies weise auf einen gemeinsamen evolutionären Hintergrund der Tonwahrnehmung bei Singvögeln und Menschen hin, sagt Järvelä.

Die Expression von Genen, die mit neurodegenerativen Erkrankung in Verbindung gebracht werden, sinkt beim Hören klassischer Musik. Allerdings zeigte sich dieser Effekt nur bei musikalisch geschulten Probanden. „Das zeigt, wie wichtig bereits gesammelte Erfahrungen bei der Vermittlung musik-induzierter Effekte sind“, erklären die Forscher.

Die neuen Kenntnisse geben Aufschluss über den molekular-genetischen und evolutionären Hintergrund der Musik-Wahrnehmung. Zudem könnten sie helfen, neue wissenschaftliche Grundlagen für Musik-Therapien zu erarbeiten.

Offen bleibt die Frage, ob sich die beobachteten Effekte auch mit anderen Musikgenres erzielen ließen. Es spricht nichts dafür, dass der klassischen Musik hier eine Ausnahmestellung zukommt. So ist laut einer Studie aus den USA unter hochbegabten Studenten Heavy Metal besonders beliebt.

Quelle: n-tv.de

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